Bundesverwaltungsgericht
Seit 2002 ist Leipzig Sitz des Bundesverwaltungsgerichts, dem obersten Verwaltungsgericht der Bundesrepublik Deutschland. Es entscheidet über Streitigkeiten im Bereich des Verwaltungsrechts. Die meisten Verhandlungen sind öffentlich. Einschränkungen gibt es nur bei Wehrdisziplinarverfahren oder Verfahren, die eine besondere Sicherheit benötigen. Bei besonders spannenden Themen lohnt sich wegen des großen Interesses, die Reservierung eines Zuschauerplatzes.
Die Grundsteinlegung für den Bau im Stil der Neorenaissance erfolgte am 1. Oktober 1888. Schon im Oktober 1895 wurde es durch Kaiser Wilhelm II eingeweiht. Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten (1933) wurden Richter, die sich kritisch mit den Ideen des Nationalsozialismus auseinandersetzten, entlassen. Mit diesem Schritt lenkte man die Rechtsprechung in entsprechende Bahnen.
Im Herbst 1933 fand hier der Reichstagsbrandprozess statt. Die Nationalsozialisten beschuldigten u. a. den bulgarischen Kommunisten Georgi Dimitroff und Marinus van der Luppe der Brandstiftung. Nach der eindrucksvollen Selbstverteidigung Dimitroffs wurde die Anklage gegen ihn fallengelassen und der Niederländer van der Lubbe als Hauptverantwortliche im Dezember 1933 zum Tode verurteilt und das Urteil 1934 vollstreckt. 2007 wurde das Urteil nach einer Neubetrachtung endgültig aufgehoben. Die Kapitulation Hitlerdeutschlands besiegelte auch das Ende des Reichsgerichts.
Zu DDR-Zeiten befand sich in dem Gebäude das Bildermuseum, eine Ausstellung über Dimitroff und den mit ihm verbundenen Reichstagsprozess, ein Synchronstudio der DEFA sowie verschiedene Archive.
Nach der Wiedervereinigung fällte der Bundestag 1992 die Entscheidung, das Gebäude als Bundesverwaltungsgericht zu nutzen. 2002, nach vierjähriger Bauzeit, nimmt es seine Arbeit in Leipzig auf.
Die hier tätigen Richterinnen und Richter werden vom Bundesjustizminister zusammen mit einem Richterwahlausschuss berufen. Nach erfolgreicher Berufung werden sie vom Bundespräsidenten ernannt. Der Richterwahlausschuss besteht aus den Justizministern der Länder und in gleicher Anzahl von durch den Bundestag gewählten Abgeordneten. Die Ernennung ist auf Lebenszeit, das Mindestalter beträgt 35 Jahre und die Personen müssen Richter sein. Jetziger Präsident ist Prof. Dr. Andreas Korbmacher. Er leitet das Gericht seit 2022.
Die Besichtigung des Gebäudes ist jederzeit möglich und kann selbstständig erfolgen. Hierfür wird keine Anmeldung benötigt. Der Besucherdienst des Gerichts vermittelt auch Führungen durch das Gebäude. Man erfährt spannende Details und besichtigt verschiedene Sitzungssäle. Interessant ist, dass sich viele Gestaltungselemente auf die Gerichtsbarkeit beziehen. Schon von weitem ist die Skulptur „Die Wahrheit“ auf der Kuppel, die Ähnlichkeit mit der des Reichstagsgebäudes in Berlin hat, zu sehen. Die Nordseite ist mit Skulpturen der Rechtsgeschichte gestaltet.